Schwerpunkte Gewerblicher Abmahnmissbrauch

Ein Bericht von Tristan Süper

Abmahnungen sind dazu da, jemanden darauf hinzuweisen, dass er sich falsch verhält – das Ideal ist eine Situation des rechtstreuen Wettbewerbs. Durch die Abmahnung soll die jeweilige Person eine Chance bekommen, ihr Geschäftsgebaren zu korrigieren. Vor allem Existenzgründer stellen sich jedoch die Frage, wie mit dem Thema Abmahnungen umzugehen ist. Möglicherweise haben auch Sie Horrorgeschichten von befreundeten Unternehmern gehört, die zudem darüber schimpfen, dass in anderen europäischen Ländern derjenige, der andere abmahnt, Anwaltskosten bezahlen muss. In diesem Artikel beantworten wir einige Fragen zu diesem Thema.

Wer hat eigentlich das Recht, andere abzumahnen?

Ist man in seinem eigenen Recht verletzt worden, entsteht das Recht, denjenigen, durch den diese Verletzung entstanden ist, abzumahnen. Bei vielen Personen stellt sich jedoch zu Recht eine Unsicherheit ein, weshalb sie sich zumeist an einen Anwalt wenden.

Auf das Arbeitsrecht wollen wir an dieser Stelle nicht eingehen, da es in diesem Bereich noch nie einem Geschäftsmodell entsprochen hat, zwanghaft nach einem Grund für Abmahnung zu suchen, um Geld zu verdienen. Im Wettbewerbsrecht handelt es sich bei denjenigen Parteien, die abmahnen, häufig um Unternehmen. Nicht selten geht es dabei um das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb. Auch die Wettbewerbszentrale mahnt in der Praxis häufig auf der Grundlage dieses Gesetzes ab.

Wie kann man sich gegen eine Abmahnung wehren?

Wer eine Abmahnung erhält, kann einen Anwalt beauftragen, der nach einem Grund sucht, dass das die Abmahnung gar nicht rechtens bzw. ungültig ist. Die einfachste Aufgabe bei dieser Tätigkeit ist, erst einmal zu prüfen, wer die Abmahnung ausgesprochen hat und ob diese Person das Recht zur Abmahnung besitzt.

Auch in Bezug auf das Urheberrecht sind Abmahnungen eine gängige Praxis. Derjenige, der Nutzungs- und Verwendungsrechte innehat, kommt dann, wenn diese Rechte von jemandem missachtet werden, in die Position, jemanden abmahnen zu dürfen. Doch gibt es auch andere Parteien, die eine Abmahnung aussprechen dürfen: Sogenannte Wahrnehmungsgesellschaften wie die GEMA oder die VG Wort sind bekannt für ihre derartige Tätigkeit.

Das Gesetz gegen Missbrauch von Abmahnungen

Vor allem für Kleinunternehmer waren Anwälte, die sich auf das Abmahngeschäft spezialisiert haben, eine nervtötende und vor allem teure Angelegenheit. So profitiert von diesem Gesetz, das der Bundestag im September 2020 beschlossen hat, der Mittelstand, denn die Sache mit den Abmahnungen darf kein eigenständiges Geschäftsmodell sein.

Die Grundlage, auf der sich dieses Gesetz begründet, ist die Tatsache, dass Abmahnungen, die eigentlich Verzerrungen im Wettbewerb entgegenwirken sollten, genau solche neuen Wettbewerbsverzerrungen entstehen lassen. Wenn nämlich ein kleiner Betrieb pleitegeht, weil er seine Abmahnkosten nicht bezahlen kann, ist sie plötzlich da: die Ungerechtigkeit im Wettbewerb.

Ein wichtiges Detail der Gesetzesänderung besteht darin, dass es neue Voraussetzungen dafür gibt, wer eigentlich das Recht hat, eine Abmahnung auszusprechen: Man muss sich in der Situation befinden, einer Geschäftstätigkeit nachzugehen. Diese Geschäftstätigkeit darf jedoch nicht darin bestehen, ein Abmahnunternehmen zu betreiben.

Außerdem hat das Gesetz Begrenzungen von Vertragsstrafen vorgesehen, sodass eine Abmahnung Betriebe nicht mehr so leicht in den Ruin treiben kann. Nur wer aus einer ersten berechtigten Abmahnung nichts gelernt hat und nicht zu einer Verhaltensänderung bereit ist, muss damit rechnen, tiefer in die Kasse greifen zu müssen.

Welche Abmahnungen sind aktuell zu befürchten?

Auch aktuell sind noch Abmahnungen wegen fehlenden Kennzeichnungs- und Informationspflichten gängig

Fehlende Kennzeichnungs- und Informationspflichten abzumahnen, ist seit dem neuen Gesetz gegen Missbrauch von Abmahnungen für die Abmahnanwälte uninteressant geworden, doch es gibt Ausnahmen:

Mit neuen Produkten erscheinen natürlich auch neue Abmahngründe auf dem Radar von spezialisierten Rechtsanwälten. Beispielsweise wurde kürzlich bekannt, dass eine fehlerhafte Kennzeichnung von Atemschutzmasken erfolgte, indem diese als „FFP2-Masken“ bezeichnet wurden. Die teure Konsequenz für den Hersteller dieser Masken: ca. 1500 € – eine Zahlung von Schadenersatz sowie das Aufkommen für die Tätigkeit der Juristen.

Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist in solchen Fällen rechtens, da FFP2-Masken strikt festgelegte Kriterien erfüllen müssen. Nicht einmal die Formulierung „FFP2-ähnlich“ ist juristisch wasserdicht: Auch bei einer solch vorsichtigen Wortwahl muss man sich auf eine Abmahnung gefasst machen.

Doch natürlich gibt es auch noch zahlreiche weitere Gründe, weshalb eine Abmahnung ins Haus flattern kann:

Vorsicht: Die unverbindliche Preisempfehlung aktuell halten und richtig darstellen

Die Tendenz des Abmahnmissbrauchs geht aktuell eher in die Richtung der falschen unverbindlichen Preisempfehlungen. Diese fallen nämlich nicht unter das, was der Gesetzgeber unter „Kennzeichnungs- und Informationspflichten“ versteht und versprechen den abmahnenden Personen daher eher eine Aussicht auf ein lukratives Geschäft.

Eine wichtige Aufgabe für Händler besteht in der Praxis deshalb darin, regelmäßig zu überprüfen, ob die jeweilige unverbindliche Preisempfehlung noch aktuell ist. Zudem ist es wichtig, nicht nur die Abkürzung „UVP“ zu nennen, sondern auch die ausgeschriebene Version der Abkürzung, auf die am besten mit einem Sternchen als Fußnote hingewiesen wird.

Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen

Auch diese Arten von Abmahnungen sind nach wie vor zu befürchten, denn die Verletzung von Urheberrecht ist immer noch sehr häufig. Manche Rechtsanwaltskanzleien sind deshalb auf Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen spezialisiert.

Fazit: Wie reagiere ich aktuell richtig auf eine Abmahnung?

Keinesfalls sollte man auf eigene Faust tätig werden, also nicht etwa eine wütende E-Mail an den Absender der Abmahnung verschicken oder ein Telefonat mit der gegnerischen Partei führen. Klüger ist es, sich an einen Anwalt zu wenden, der Expertise mit Abmahnungen besitzt. Es gibt genügend Anwälte, die Spezialisten für dieses Fachgebiet sind.

Ein solcher Anwalt prüft zunächst die Rechtmäßigkeit einer Abmahnung. Daraufhin muss der Mandant – also beispielsweise Sie – eine Entscheidung treffen: Wird es bevorzugt, eine Unterlassungserklärung abzugeben, die jedoch die Konsequenz nach sich zieht, bei Verstößen gegen diese Erklärung viel Geld zahlen zu müssen?

Oder entscheiden Sie sich dafür, die Sache auszusitzen und es darauf ankommen zu lassen, dass sich die gegnerische Partei zu einem Gerichtsverfahren entschließt? Eine kompetente anwaltliche Beratung hilft dabei, die im Einzelfall richtige Entscheidung zu treffen.
Diese Hilfe finden Sie hier:

Quellen:

https://www.abmahnung.org/wer-darf-abmahnen/

https://www.basicthinking.de/blog/2020/09/22/gesetz-missbrauch-von-abmahnungen/

https://mueller.legal/de/aktuelles/rechtsanwalt-weidner-mahnt-fuer-die-lautlicht-gmbh-ab

https://www.onlinehaendler-news.de/e-recht/abmahnungen/134110-abmahngesetz-sandhage

https://www.abmahnungs-abwehr.de/fareds-abmahnung-wettbewerbsrecht/

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Über den Autor: Tristan Süper