Direktimport aus China & Co. – was man beim Kauf von Billigware beachten sollte

Auch schon über unrealistisch günstige Preise und ewiglange Lieferzeiten bei manchen Produkten beispielsweise auf eBay und Amazon gewundert? Doch auch auf zahlreichen anderen Online-Plattformen und -Shops wie etwa AliExpress, Gearbest, Banggood, Wish.com oder Lightinthebox.com stößt man auf Ware aus Fernost. In den Genuss solcher Produkte kommt man schneller als man es möchte, wenn man sich ein Produktsuchergebnis nach dem Prinzip „Preis aufsteigend“ anzeigen lässt.

Die Preisspannen von Produkten sind häufig erstaunlich. Besonders deutlich wird dies, wenn man mit einer Preissuchmaschine wie etwa Google Shopping Produkte nach ihrem Preis sortiert darstellen lässt. Waren aus Fernost tauchen in solchen Suchergebnissen nicht erst seit jüngster Zeit vermehrt auf den obersten Positionen auf.

Handelt es sich immer um minderwertige Qualität? Und was gibt es sonst noch so zu beachten bei den Produkten aus China & Co.? In diesem Artikel sind wir wichtigen Fragen auf den Grund gegangen.

Die Qualitätsfrage

Bestellt man Klamotten in China, so muss man sich vor Augen führen, dass die chinesischen Größen nicht identisch mit unseren europäischen sind. Auch wer die Kleidung ein paar Nummern größer bestellt, kann von der Qualität der Kleidung mehr als enttäuscht sein: Chemisch stinkende Klamotten, die völlig anders aussehen als auf der Produktabbildung, sind keine Seltenheit. Unabhängig davon muss man sich vor Augen führen, dass die Ware nicht nur stark von Chemikalien belastet sein kann, sondern auch unter schlechtesten (ethischen) Bedingungen produziert wurde – etwa unter Einsatz von Kinderarbeit.

Ein Beispiel für eine ausgesprochen hohe Schadstoffbelastung von Textilien: Die Verbraucherschutzkommission in Brüssel berichtet etwa von Lätzchen für Kinder, die einen extrem hohen Bleianteil aufwiesen. Doch auch bei vermeintlich harmlosen Gegenständen wie etwa Stofftieren ist Vorsicht geboten: So sollte man etwa bei Teddybären daran denken, dass sie bei einer Fernost-Qualität eine Belastung für die Lunge des Kindes darstellen können, wenn sich winzige Fasern lösen und eingeatmet werden.

Auch bei Kauf von Kosmetika aus China etc. muss an eine hohe Schadstoffbelastung gedacht werden, sodass man, will man eine vernünftige Kaufentscheidung fällen, von solchen Produkten lieber gänzlich die Finger lassen sollte.

Nicht von der Schadstoffbelastung betroffen sind übrigens Klamotten aus Fernost, die man bei großen Ketten wie beispielsweise H&M erwirbt, denn in diesem Fall muss die Ware eine Schadstoffprüfung überstehen.

Ein Versandkosten- und Steuerschlupfloch

Im Jahre 1874 wurde der Weltpostverein gegründet, der China nach wie vor als Entwicklungsland einstuft und deshalb einen subventionierten Versand aus China ermöglicht. Da von dieser Option nicht massenhaft Gebrauch gemacht wurde, fiel dies auch nicht ins Gewicht. Aufgrund der Tendenz im Online-Handel ist jedoch Änderungsbedarf an dieser Regelung entstanden, denn natürlich decken die extrem geringen Versandkosten bei weitem nicht die entstehenden Kosten.

Ein zweites Schlupfloch, dessen Vorteile Händler aus Fernost nutzen, ist, dass Abgaben und Steuern wie der Umsatzsteuer, zu welcher Händler in Deutschland gesetzlich verpflichtet sind, umgehen können. Auf diese Weise kann selbst das Anbieten von Produkten für wenige Cent noch lukrativ sein.

Sind Anbieter aus Fernost auf Plattformen wie Amazon aktiv, welche einen Sitz in Deutschland haben, sind auch deutsche Gesetze gültig, aber bei Plattformen, die ihren Sitz selbst im Ausland haben wie zum Beispiel AliExpress und Wish.com greifen solche Gesetze nicht.

Weitere Gründe für utopisch tiefe Preise

Waren diverser Art werden ausgesprochen oft in China produziert und sind von chinesischen Händlern noch günstiger zu erwerben. Auch ein Zwischenhändler kann in vielen Fällen gespart werden. Produziert der Händler die Ware selbst, kann er sie zudem zu einem wesentlich günstigeren Preis als üblich anbieten.

Die Tatsache, dass Waren, die im Rahmen eines Direktimports aus China erworben wurden, weitaus seltener zurückgeschickt werden, ist ein Aspekt, der ebenfalls dazu beiträgt, dass die Kostenkalkulation dieser Händler anders ausfällt und sich der Preis entsprechend geringer gestaltet. Zu alldem kommt noch der Umstand, dass die Gehälter und auch Mietkosten in Fernost wesentlich geringer sind.

Auch die Abmahnpraxis, an die deutsche Händler längst gewöhnt sind, fällt bei chinesischen Händlern weg: Es wird kein Konkurrent auf sie zukommen und sie aufgrund Verletzungen von Dokumentationspflichten oder Fehler in der Angebotsbeschreibung abmahnen, sodass insgesamt ein deutlich günstiger Preis angeboten werden kann.

Darüber hinaus kommen noch kleine Besonderheiten hinzu, die für Händler aus China & Co. wegfallen wie etwa die Zahlung von Beiträgen für die Stiftung Elektro Altgeräte Register (EAR), zu der Händler von Elektrogeräten in Deutschland verpflichtet sind.

Der Aspekt der technischen Sicherheit

Besonders beim Kauf technischer Geräte aus Fernost ist ausgesprochene Vorsicht geboten: Im schlechtesten Fall handelt es sich um lebensgefährliche Geräte, wie etwa das Beispiel chinesischer LED-Lampen zeigt, welche den Benutzern einen tödlichen Stromschlag verpassen können. Doch sind von diesem Missstand nicht ausschließlich Glühbirnen betroffen, sondern vor Kauf eines jeden Elektrogeräts aus Fernost sollte man sich vor Augen führen, dass es dort keine derartigen Sicherheitsbestimmungen gibt wie in der EU.

Auch kann man es mit gefälschten Qualitätssiegeln bei Elektrogeräten aus China & Co. zu tun bekommen, denn so mancher Händler möchte die Verkaufschancen seiner Produkte mittels solch perfider Mittel erhöhen.

Doch nicht nur komplette Geräte sind von solchen Missständen betroffen, sondern auch Ersatzteile, von denen Bastler sich erhoffen, sie zum Schnäppchenpreis in China erwerben zu können.

Wenn der Zoll die Ware aus dem Verkehr zieht

Dass die Ware, die so lange braucht, bis sie endlich beim Kunden ankommt, tatsächlich ihren Weg zum Kunden findet, ist nicht immer garantiert: Zahlreiche Fälle zeigen, dass viele Produkte vom Zoll aus dem Verkehr gezogen werden, der im Fall von Plagiaten das Recht hat, die Ware zu beschlagnahmen oder zu vernichten. Dies trifft beispielsweise dann zu, wenn eine Markenhandtasche im Rahmen einer Billigproduktion imitiert wurde. Wenn es um technische Geräte oder Spielzeug geht, sind in der EU Prüfkennzeichen vorgeschrieben. Auch solche Prüfkennzeichen fehlen bei chinesischer Ware oder wurden gefälscht, und der Zoll ist auch in diesem Fall dazu berechtigt, die Ware aus dem Verkehr zu ziehen.

Die Sache mit der Einfuhrsteuer

Beträgt der Gesamtpreis inklusive Versand über 22 €, so fallen 19 % Einfuhrsteuer an. Bei einem Wert über 150 € wird eine weitere Gebühr fällig. Darüber hinaus gibt es Sonderregelungen für bestimmte Produktkategorien, die dazu führen können, dass es der Käufer der Ware mit dem Zoll zu tun bekommt.

Die Preisgrenze der 22 € führt wiederum dazu, dass Händler aus Fernost den Warenwert falsch deklarieren – ein weiterer Faktor, der für die extrem niedrigen Preise verantwortlich ist.

Wer die Ware umtauschen möchte, hat das Nachsehen

Hat man erst einmal mehrere Wochen auf ein Produkt gewartet und dieses außerdem zu einem extrem günstigen Preis erworben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man sich für einen Umtausch des Produktes entscheidet, sehr gering: Und selbst diejenigen, die das Produkt unbedingt zurücksenden wollen, stoßen häufig auf sprachliche Barrieren seitens der Verkäufer, werden von dem Händler abgewimmelt oder erfahren eine unzureichende Rücksendungsabwicklung. Natürlich sind nicht alle Verkäufer aus Fernost von dieser Problematik betroffen, aber tendenziell sollte man an das Auftreten solcher Missstände denken, wenn man sich für einen Direktimport aus China & Co. entscheidet.

Das minderwertige Produkt landet schlussendlich in vielen Fällen im Müll – eine Belastung für unsere Umwelt!

Die Rechte des Käufers

Wer in Deutschland Waren verkauft, muss die Option bieten, Waren innerhalb von 14 Tagen zurückzuschicken. Auch eine komplette Erstattung des Kaufpreises oder eine 2-jährige Garantie sind Rechte des Käufers im Falle einer Rücksendung. In der Praxis werden solche Regelungen jedoch nicht ernstgenommen, wenn die Ware aus Fernost verschickt wird. Den Weg über einen rechtlichen Beistand scheuen viele Käufer schon aufgrund des geringen Warenwerts – eine Tatsache, die etwa chinesischen Verkäufern bewusst sein dürfte.

Rechtens ist es hingegen, dass die Kosten im Falle einer Rücksendung vom Käufer zu tragen sind. So kostet ein Paket nach China fast 50 € – ein Preis, der sich schlicht nicht lohnt, wenn sich der Warenwert auf China-Level bewegt.

Fazit

30 Tage lang auf ein Produkt warten und dann feststellen müssen, dass es sich um Müll handelt oder die Ware erst niemals zu Gesicht bekommen – um sich solchen Ärger zu ersparen, sollte man gut abwägen, welche Produkte aus Fernost man kauft, vor allem auch, wenn die Produktkategorie sicherheits- oder gesundheitsrelevant ist. Gerade die beiden letzteren Aspekte sind jedoch häufig nicht leicht einzuschätzen.

Bei manchen Teilen wie etwa Modeschmuck sind dennoch echte Schnäppchen möglich, doch auch das ist mit etwas Glück verbunden. Auch kann nicht allen Händlern aus Fernost eine skrupellose Vorgehensweise unterstellt werden hinsichtlich Käuferschutz, Schadstoffen und Qualitätssiegeln. Doch in Anbetracht der Tatsache, dass sich in den Medien Berichte über schwarze Schafe gehäuft haben, sollte man unbedingt größte Vorsicht walten lassen.

Angesichts der Rücksendemöglichkeit, die sich meist nicht lohnt, ist insgesamt eher vom Kauf von Produkten aus Fernost abzuraten.

Will man sich dennoch an solche Produkte wagen, sollte man Wert auf maximalen Käuferschutz legen und zu Bezahlarten wie PayPal oder Amazon Payment greifen.

Quellen:

https://www.stern.de/wirtschaft/china-shops-im-internet–warum-sich-die-billige-ware-nicht-lohnt-6659294.html

https://t3n.de/news/versand-guenstig-china-haendlern-864871/

https://www.nzz.ch/digital/aktuelle-themen/sicherheit-gefaehrliche-billigprodukte-aus-china-ld.132863

https://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/diese-probleme-drohen-beim-gadget-kauf-in-china-a-1260618.html

Bild von Gino Crescoli auf Pixabay

Über den Autor: Tristan Süper